Selbstgespräch
Hekuba:
Steh
auf.
Hoch
den Kopf.
Widersetze
dich dem Wunsch
liegen
zu bleiben und
übe
dich in Geduld.
Wenn
ich nur wüßte
wozu...
Troja
ist nicht mehr.
Und
Fürstin von Troja - bist du nicht mehr.
Traurige
Erinnerungen nützen nicht,
übertrifft
doch die Gegenwart alles gewesene Unglück.
Segle
mit dem Schicksalswind, nur
ein
Tor schwimmt gegen den Strom.
-
ich treibe. -
Was
faselst du da?
Gibt
es menschliches Leiden, das
ich
noch nicht kenne?
Was,
kann
mir noch geraubt werden?
Heimat,
Kinder und Mann
Recht
und Würde - alles ist verloren.
Verbrannt,
ermordet, geschändet.
Die
Töchter entrechtet als
Spielzeug
machttrunkener Griechen.
Ich
kann nicht aufhören, muß mich wehren.
(...)
Wer
hört mein Schreien,
und
wer mein Schweigen?
Ich
bin nur noch
klagender
Ruf.
Versteinere
wie
der Grund,
auf dem du liegst.
Tu
was du willst,
die
Schmerzen bleiben.
Taub
sind meine Glieder.
Doch
ich bin kein Stein.
Es
hämmern die Schläfen,
es
pocht der Kopf.
Die
Wirbel des geschundenen Rückens,
könnt
ich sie strecken
und
dehnen -
wo
such ich Trost?
Ich
rede zuviel,
schweigen
ist nicht besser,
als
reden.
Und
weinen?
Ich
habe keine Tränen mehr.
Niemand
wird unshelfen.
Das
End vor Augen
habe
ich noch meine Stimme.
Hört
mich wer?
Ihr
schlanken Schiffe,
wohin
zogt ihr vor zehn Jahren?
Mit
kräftigen Rudern und geblähten Segeln
pflügten
eure Kiele das purpurfarbene Meer
getrieben
vom Racheschwur
und
der Sehnsucht eines Mannes
nach
seiner entlaufenen Frau
stießen
eure gebogenen Schnäbel
in
die Meeresbucht Trojas, bissen sich fest
und
brachten den Tod.
Helena
war der Name dieser Frau,
er
bedeutet jetzt Krieg.
Das
ist der Grund,
warum
diese Stadt in Trümmern liegt,
der
Grund,
warum
ein ganzes Volk sterben mußte,
der
Grund,
warum
diese Frauen hier zu
lebenden
Toten wurden
und
ich
verwüstet
und kahlgeschoren
als
Kriegsgefangene unter ihnen.
Das
alles um Eures Ruhmes willen?
Auf ihr Frauen,
Witwen,
Verlobte der Toten und Mädchen ohne Zukunft
wir
wollen nicht schweigen.
Klagt!
Lobt
nicht länger
unsere Götter.
Euripides (Übertragung: Emmanuel Bohn)
Klage
Uns
ist kein Sein vergönnt. Wir sind nur Strom,
Wir
fließen willig allen Formen ein:
Dem
Tag, der Nacht, der Höhle und dem Dom,
Wir
gehn hindurch, uns treibt der Durst nach Sein.
So
füllen Form um Form wir ohne Rast,
Und
keine wird zur Heimat uns, zum Glück, zur Not,
Stets
sind wir unterwegs, stets sind wir Gast,
Uns
ruft nicht Feld noch Pflug, uns wächst kein Brot.
Wir
wissen nicht, wie Gott es mit uns meint,
Er
spielt mit uns, dem Ton in seiner Hand,
Der
stumm und bildsam ist, nicht lacht noch weint,
Der
wohl geknetet wird, doch nie gebrannt.
Einmal
zu Stein erstarren! Einmal dauern!
Danach
ist unsre Sehnsucht ewig rege,
Und
bleibt doch ewig nur ein banges Schauern,
Und
wird doch nie zur Rast auf unsrem Wege.
Hermann
Hesse
Lieder
von einer Insel
...
Wenn
einer fortgeht, muß er den Hut
mit
den Muscheln, die er sommerüber
gesammelt
hat, ins Meer werfen
und
fahren mit wehendem Haar,
er
muß den Tisch, den er seiner Liebe
deckte,
ins Meer stürzen,
er
muß den Rest des Weins,
der
im Glas blieb, ins Meer schütten,
er
muß den Fischen sein Brot geben
und
einen Tropfen Blut ins Meer mischen,
er
muß sein Messer gut in die Wellen treiben
und
seinen Schuh versenken,
Herz,
Anker und Kreuz,
und
fahren mit wehendem Haar!
Dann
wird er wiederkommen.
Wann?
Frag
nicht.
Ingeborg
Bachmann
Klage
Er
war mein Nord, mein Süd,
mein
Ost und West,
Meine
Arbeitswoche
und
mein Sonntagsfest,
Mein
Gespräch, mein Lied,
mein
Tag, meine Nacht,
Ich
dachte, Liebe währet ewig:
Falsch
gedacht.
Die
Sterne sind jetzt unerwünscht,
löscht
jeden aus davon,
Verhüllt
auch den Mon
und
nieder reißt die Sonn',
Fegt
die Wälder zusammen
und
gießt aus den Ozean,
Weil
nun nichts mehr
je
wieder gut werden kann.«
Haltet
alle Uhren an,
laßt das Telefon abstellen,
Hindert
den Hund daran,
den
saftigen Knochen anzubellen,
Klaviere
sollen schweigen,
und
mit gedämpftem Trommelschlag,
Laßt
die Trauernden nun kommen,
tragt
heraus den Sarg.
Laßt
Flugzeuge kreisen,
klagend
im Abendrot,
An
den Himmel schreibend
die
Botschaft. Er ist tot;
Laßt
um die weißen Hälse der Tauben
Kreppschleifen
schlagen
Und
Verkehrspolizei schwarze
Baumwollhandschuh'
tragen.
W.H.
Auden
Anruf
Die
Zeit ist ausgelöscht
o
Herr
mein
Wort das bitter kam
und
finster
Herr
zu
finster für die Erde
ausgelöscht
ist meine Qual
mein
Hunger ausgetrunken
und
mein Herz in Nächten
die
zerpflügt sind
mit
dem Pflug der Lieder
die
Zeit ist ohne End'
doch
voll der Träume Not
die
mich nicht will
auf
meinem Stein des Sterbens.
Thomas Bernhard
Combien faut-il de fois secouer mes grelots
Et baiser ton front bas, morne Caricature?
Pour piquer dans le but, de mystique nature,
Combien, ô mon carquois, perdre javelots?
Nous userons notre âme en de subtils complots,
Et nous démolirons mainte lourde armature,
Avant de contempler la grande Créature
Dont l'infernal désir nous remplit de sanglots
Il en est qui jamais n'ont connu leur Idole,
Et ces sculpteurs damnés et marqués d'un affront,
Qui vont se martelant la poitrine et le front,
N'ont qu'un espoir, étrange et sombre Capitole!
C'est que la Mort, planant comme un soleil nouveau,
Fera s'épanouir les fleurs de leur cerveau!
Charles
Baudelaire
Der Tod der Künstler
Wie
lange werd ich fröstelnd beben müssen
Und,
spottgestalt! die flache stirn dir küssen,
Wie
viele pfeile fliehn aus meinen köchern
Die
mystisch ferne scheibe zu durchlöchern?
Wir
zehren unsre kraft in spitzen plänen,
Wir
werden manche harte wehr zerhauen
Eh
wir die große kreatur beschauen –
Ihr
höllisches gelüst erzwingt uns tränen.
So
manche fanden niemals ihr Idol,
verwünschte
bildner die die schande geißelt
Und
deren hand dir haupt und busen meißelt
Mit
einer hoffnung, düstres kapitol,
Daß
einst der Tod, ein neues tag-gestirn,
Die
blumen sprießen läßt in ihrem hirn.
Übertragung: Stefan George
Pleuro.
Da schwand mir das süße Leben,
Ich
merkte, die Kraft sank,
O!
Beim letzten Hauch elend brach ich in Tränen aus,
So
holde Blüte lassend.
Sie
sagen, der furchtbare
Sohn
Amphitryons nur diesmal
Habe
die Wimper benetzt, des leidgeprüften
Mannes
Verhängnis bejammernd.
Auch
Ihm im Wechsel
Sagt'
er: “Der Menschen Bestes wäre nie geborn zu sein,
Nie
Helios' Licht erblickt zu
Haben.
Da aber kein Vorteil ist
Dies
zu beklagen,
Muß
man bereden, was zu erfüllen. -
Gibt
es in den Gemächern
Des
Aresfreunds Oineus
Eine
Jungfrau noch von den Töchtern,
Dir
an Gestalt gleich?
Die
will zur heitern Gemahlin ich gern haben.”
Ihm
der tapfere
Schatten
erwiderte Meleagros':
“Ich
ließ zurück mit blühendem Nacken
Im
Hause Deianeira,
Unkundig
noch der goldenen
Kypris,
der menschenbezaubernden.”
Weißarmige
Kalliope,
Halte
den wohlgefügten Wagen
Hier an. Auf Kronos' Sohn
Sei
gesungen, den Olympischen, ersten der Götter,
Den
unermüdlich strömenden
Alpheus,
des Pelops Macht
Und
Pisa, von wo der berühmte,
Auf
Füßen siegende, im Lauf
Kam
Pherenikos zum getürmten Syrakus,
Dem
Hieron bringend
Das
Glücksreis.
Man
muß der Wahrheit zuliebe
Loben,
den Neid mit beiden
Händen
fernhaltend,
Wenn
einer Glück hat der Sterblichen.
Der
Boiotische Mann so sprach, der süßen
Diener,
Hesiodos,
Der
Musen: Wen die Unsterblichen ehren, dem
Auch
der Sterblichen Ruhm folgt. -
Ich
glaube gewiß,
Daß
des Pfades rühmende Zunge zu Recht
Sang
dem Hieron. Daher nämlich
Die
Wurzeln sprießen des Glücks;
Die
möge der Allvater
Zeus
unerschütterlich in Frieden beschirmen.
Bakchylides
von Keos übertragen von Curt Hohoff
Traurigkeit
Die
mir noch gestern glühten,
Sind
heut dem Tod geweiht,
Blüten
fallen um Blüten
Vom
Baum der Traurigkeit.
Ich
seh sie fallen, fallen
Wie
Schnee auf meinen Pfad,
Die
Schritte nicht mehr hallen,
Das
lange Schweigen naht.
Der
Himmel hat nicht Sterne,
Das
Herz nicht Liebe mehr,
Es
schweigt die graue Ferne,
Die
Welt ward alt und leer.
Wer
kann sein Herz behüten
In
dieser bösen Zeit?
Es
fallen Blüten um Blüten
Vom
Baum der Traurigkeit.
Hermann
Hesse
L'epitaphe
Villon
Freres humains qui après nous vivez,
N'ayez les cuers contre nous endurcis,
Car, se pitié de nous povres avez,
Dieu en aura plus tost de vous mercis.
Vous nous voiez cy attachez cinq, six:
Quant de la chair, que trop avons nourrie,
Elle est pieça devorée et pourrie,
Et nous, les os, devenons cendre et pouldre.
De nostre mal personne ne s'en rie;
Mais priez Dieu que tous nous vueille absouldre!
Se freres vous clamons, pas n'en devez
Avoir desdaing, quoy que fusmes occis
Par justice. Toutesfois, vous sçavez
Que tous hommes , n‘ont pas bon sens rassi;
Excusez nous, puis que sommes transsis,
Envers le fils de la Vierge Marie,
Que sa grace ne soit pour nous tarie,
Nous preservant de l‘ifernale fouldre.
Nous sommes mors, ame ne nous harie;
Mais prie Dieu que tous nous vueille absouldre!
François Villon
Ballade von den
Gehenkten
Ihr
Menschenbrüder, die ihr nach uns lebt,
verhärtet
euer Herz nicht gegen unsre Pein.
Denn
wenn erbarmend ihr den Blick zu uns erhebt,
wird
Gott euch desto eher gnädig sein.
Hier
seht ihr uns gehenkt, zu sechst und siebt,
und
unser Fleisch, zu wohlgenährt, zu sehr geliebt,
ist
längst verfault, verwest und abgefallen schon.
Zu
Staub und Asche modert unser dürr Gebein.
Drum
spottet unser nicht, spart euern Hohn
und
bittet Gott, er möge uns verzeihn.
Wenn
wir euch Brüder heißen, zürnt uns bitte nicht.
Ihr
seht im Wind uns baumeln hier am Hochgericht.
So
wisset denn: es traf uns der verdiente Lohn.
Gedenkt,
nicht jeder kann gesetzten Sinnes sein.
Legt
Fürbitt ein für uns bei Gottes hehrem Sohn,
daß
seine Huld und Gnade uns nicht sei verloren
und
uns bewahre vor des Höllenpfuhles Pein.
Tot
sind wir, und die Toten läßt man ungeschoren.
Doch
bittet Gott, er möge uns verzeihn.
Übertragung:
Walter Widmer
So
still ich bin,
All
Blut rinnt hin.
Wie
weich umher.
Nichts
weiß ich mehr.
Mein
Herz noch klein;
Starb
leis an Pein.
War
blau und fromm!
O
Himmel, komm.
Ein
tiefer Schall -
Nacht
überall.
Else
Lasker-Schüler
IN
WEITE Ferne gehen Hügel: Menschenköpfe,
Mich
wird man nicht mehr sehn, ich werd verschwindend klein-
Und
doch, in Kinderspielen, Büchern, zärtlichen Geschöpfen
Werd
ich einst auferstehend sagen, daß die Sonne scheint.
Ossip
Mandelstam
Wahrheit
Nicht
ob ich tot einst lieg auf ein königlich Lager gebettet,
Kümmert
mich, sondern gewährt sei nur im Leben die Lust.
Sanfter
auf Teppichen nicht als auf Stechkraut ruht der Gestorbne;
Wenig
verschlägt es, ob hart oder ob weicher das Holz.
Theognis
von Megara übertragen von Eduard Mörike
(1951)
Der
Tod wird kommen und deine Augen haben,
dieser
Tod, der uns begleitet
von
morgens bis abends, schlaflos,
dumpf,
wie ein alter Gewissensbiß
oder
ein törichtes Laster. Und deine Augen
werden
ein leeres Wort sein,
ein
verschwiegener Schrei, ein Schweigen.
So
siehst du sie jeden Morgen,
wenn
du dich über dich neigst, mit dir allein
im
Spiegel. O teuere Hoffnung,
an
jenem Tage werden auch wir es wissen,
daß
du das Leben bist und das Nichts.
Für
alle hat der Tod einen Blick.
Der
Tod wird kommen und deine Augen haben.
Das
wird sein wie das Ablegen eines Lasters,
wie
wenn man ein totes Gesicht
wieder
auftauchen sieht im Spiegel,
oder
auf eine verschlossene Lippe horcht.
Wir
werden stumm in den Strudel steigen.
Cesare
Pavese
When
to the sessions of sweet silent thought
I
summon up remembrance of things past,
I
sigh the lack of many a thing I sought,
And
with old woes new wail my dear time's waste:
Then
can I drown an eye, unused to flow
For
precious friends hid in death's dateless night,
And
weep afresh love's long since cancell'd woe,
And
moan the expense of many a vanish'd sight:
Then
can I grieve at grievances foregone,
And
heavily from woe to woe teIl o'er
The
sad account of fore-bemoaned moan,
Which
I new pay as if not paid before.
But
if the while I think in thee, dear friend,
All
losses are restored and sorrows end.
William
Shakespeare
XXX.
Sonett
Wenn
ich in schweigender Gedanken Rat
Erinnrung
des Vergangnen traulich lade,
Beseufzend
was entflohn mir nie mehr naht,
Neu
klagend alte Weh'n versunkner Lebenspfade:
Dann
netz' ich wohl versiechte Augenlider
Um
teure Freund' in Todesnacht gehüllt;
Es
weinen, längst erstickt, der Liebe Schmerzen wieder,
Der
Gram um manch dahingeschwunden Bild.
Dann
kann ich leiden um vergangnes Leid,
Die
trübe Summe vorbeklagter Klagen
Von
Weh zu Weh ziehn mit Betrübsamkeit,
Sie
zahlend wie noch niemals abgetragen.
Doch,
teurer Freund! gedenk' ich dein dabei,
Ersetzt
ist alles, und ich atme frei.
Erstorben
wirst du liegen
Und
niemand wird dein denken,
Niemand
zu allen Zeiten:
Denn
nie hast du die Rosen
Pieriens
berühret.
Unscheinbar
wirst du müssen
In
Todes Wohnung gehen,
Und
niemand wird dich ansehn
Im
Heer der dunkeln Schatten.
Sappho von Mytilene übertragen von Johann Gottfried
Herder
Elle était belle, si la Nuit
Qui dort dans la sombre chapelle
Où Michel-Ange a fait son lit,
Immobile, peut être belle.
Elle était bonne, s'il suffit
Qu'en passant la main s'ouvre et donne,
Sans que Dieu n'ait rien vu, rien dit,
Si l'or sans pitié fait l'aumône.
Elle pensait, si le vain bruit
D'une voix douce et cadencée,
Comme le ruisseau qui gémit.
Peut faire croire à la pensée.
Elle priait, si deux beaux yeux,
Tantôt s'attachant à la terre,
Tantôt se levant vers les cieux,
Peuvent s'appeler la priére.
Elle aurait souri, si la fleur
Qui ne s'est point épanouie
Alfred de Musset
Auf eine Todte
Ja,
sie war schön, wenn man die Nacht
Schön
nennen kann in der Kapelle,
Zu
deren kalter Marmorpracht
Nie
dringen kann des Tages Helle,
Ja,
sie war gut, wenn es genügt,
Almosen
im Vorübereilen,
Wie
es der Zufall eben fügt,
Und
ohne Mitleid auszutheilen.
Sie
dachte, - wenn wir bei dem Schall,
Der
einer weichen Stimm entquollen
Eintönig
wie des Bächleins Fall,
Schon
an Gedanken glauben sollen.
Sie
betete, wenn Beten heißt:
Daß
sich zwei schöne Augensterne
Bald
niedersenken wie verwaist,
Bald
heben zu der Himmelsferne.
Gelächelt
hätte sie - wenn Duft
Aus
Blumen, die sich nie erschlossen,
Nachdichtung: Otto Baisch Abschied
vom Grabe des Fang Guan
Einsam
das Grab, an dem das Pferd gezügelt
in
fremdem Land: denn wieder heißt es scheiden.
Von
frischen Tränen bleibt kein Fleck verschont,
im
niedern Himmel Wolkenfetzen treiben.
Der
einst mit einem Xie An Schach gespielt,
bringt
einem Xu Jun das begehrte Schwert:
allein
er sieht des Haines Blüten fallen,
Pirole
er zum Abschied zwitschern hört.
Du Fu Wie
wird nun alles so stille wieder!
So
war mirs oft in der Kinderzeit,
Die
Bäche gehen rauschend nieder
Durch
die dämmende Einsamkeit,
Kaum
noch hört man einen Hirten singen,
Aus
allen Dörfern, Schluchten weit
Die
Abendglocken herüberklingen,
Versunken
nun mit Lust und Leid
Die
Täler, die noch einmal blitzen,
Nur
hinter dem stillen Walde weit
Noch
Abendröte an den Bergesspitzen
Wie
Morgenrot der Ewigkeit.
Joseph
v. Eichendorff
Mit
den lieben Händen zu!
Geht
doch alles, was ich leide,
Unter
deiner Hand zur Ruh.
Und
wie leise sich der Schmerz
Well
um Welle schlafen leget,
Wie
der letzte Schlag sich reget,
Füllest
du mein ganzes Herz.
Theodor
Storm
un
Kaffe jekocht
un de Töppe rübajeschohm -
un
jewischt und jenäht
un
jemacht und jedreht...
alles
mit deine Hände.
Hast
de Milch zujedeckt,
uns
Bonbongs zujesteckt
un
Zeitungen ausjetragn -
hast
die Hemden jezählt
und
Kartoffeln jeschält...
alles
mit deine Hände.
Hast uns manches Mal
bei
jroßen Schkandal
auch'n
Katzenkopp jejeben.
Hast
uns hochjebracht.
Wir
wahn Stricker acht
sechse
sind noch am Leben...
alles
mit deine Hände.
Heiß
warn se un kalt
Nu
sind se alt
nu
bist du bald am Ende.
Da
stehn wa nu hier,
und
denn komm wir bei dir
und
streicheln deine Hände.
Kurt
Tucholsky
Wie
dunkel sind deine Schläfen
Letzte
Wache -
Und
deine Hände so schwer,
Bist
du schon weit von dannen
Und
hörst mich nicht mehr?
Unter
dem flackernden Lichte
Bist
du so traurig und alt,
Und
deine Lippen sind grausam
In
ewiger Starre gekrallt.
Morgen
schon ist hier das Schweigen,
Und
vielleicht in der Luft
Noch
das Rascheln der Kränze
Und
ein verwesender Duft.
Aber
die Nächte werden
Leerer
nun, Jahr um Jahr,
Hier,
wo dein Haupt lag und leise
Immer
dein Atem war.
Georg
Heym
Ich
kann es nicht vergessen XXXVII.
Ich
kann es nicht vergessen,
Geliebtes,
holdes Weib,
Daß
ich dich einst besessen,
Die
Seele und den Leib.
Den
Leib möcht ich noch haben,
Den
Leib so zart und jung;
Die
Seele könnt ihr begraben,
Hab‘
selber Seele genug.
Ich
will meine Seele zerschneiden,
Und
hauchen die Hälfte dir ein,
Und
will dich umschlingen, wir müssen
Ganz
Leib und Seele seyn.
Heinrich
Heine
WIE
KANN ich die Tote, die Frau nun noch loben?
Sie
steht dort in Fremdheit, ist Macht ...
Ins
Grab, in ein warmes, gewaltsam gezogen
Von
seltener Liebe und Kraft.
Gerundete
Brauen, beharrlich: zwei Schwalben -
Die
flogen vom Sarg her zu mir:
Zu
lang schon hätt man sie dort oben gehalten
Im
kalten Stockholmer Quartier.
Die
Geige der Väter: der Stolz deiner Sippe –
Ihr
Hals gab sein Schönsein dir hin,
Du
öffnetest lachend die zierlichen Lippen,
Italisches,
russisches Kind.
Dein
lastendes Bild will ich immer bewahren,
Du
Bärenkind, Wildling, Mignon -
Doch
Mühlen im Schnee werden Winter erfahren,
Vereist
ist dein Horn, Postillion.
Ossip
Mandelstam Übertragung: Ralph Dutli
In den Büchern
sterben
Name,
Vorname
Klammer
auf
Das
Geburtsjahr, Strich, das Todesjahr, aus
Klammer
zu.
Nun
ist er in den Büchern ein Name, ein Vorname
In
Klammern sein Geburts- und Todesjahr.
Gegen
Ende der Seite oder etwas weiter unten
Seine
Werke, Erscheinungsjahre
Eine
kurze, lange Liste.
Wie
Vögel im Todeskampf die Buchtitel in euren Händen.
Der
Strich zwischen den beiden Klammern
Er
bedeutet alles
Seine
Hoffnung, seine Angst, seine Tränen, seine Freude
Er
bedeutet alles.
Nun
ist er in den Büchern
Gefangen
durch einen Strich;
Lebt
er noch: er kann sich nicht wehren,
Sie
können ihn töten.
Çet Necatigil
Übertragung: Yüksel Pazarka
Des Todes Boten
All
die Gedankenlosen, die nicht sorgen,
Zu
welcher Zeit des Todes Boten kommen,
Müssen
in niederer Verkörperung
Lange
die Qual der Leiden fühlen.
Die
jedoch gut und heilig sind,
Betragen
sich nicht gedankenlos,
Wenn
des Todes Boten erscheinen,
Beachten,
was die Hohe Lehre sagt,
und
sehn, erschreckt, in der Verhaftung
Die
ew'ge Quelle von Geburt und Tod,
Befrein
sich selbst von diesem Hang
Und
tilgen so Geburt und Tod.
Sicher
und glücklich ruhen sie.
Entlassen
aus der flutenden Schau,
Entbunden
aller Sünd' und Furcht;
sie
sind nun alles Elends bloß.
Vergeblich
Gering
ist der Menschen Macht, erfolglos ihr Streben, in
Knappem
Dasein Mühsal um Mühsal,
Und
unentrinnbar hängt gleichmäßig über ihnen der Tod.
Denn
davon erhalten ihr Teil ebenso die Guten
Wie
wer schlecht ist.
Es
gibt kein Unglück
Das
nicht zu erwarten wäre bei Menschen, in kurzer Frist
Stößt
Gott alles um.
Denn
alles versinkt in dem einen grauenvollen Wirbelschlund,
Die
großen Manneswerte und der Reichtum.
Denn
auch sie vermochten es nicht, die früher einmal gewesen sind,
Halbgötter
gezeugt von Herrengöttern,
Ein
mühefreies, verfallfreies, gefahrfreies Leben
Zum
Ziel des Greisentums zu bringen.
Simonides
von Keos übertragen von Hermann Fränkel
Ode an die
Wiedererstandenen
Die
Nacht ist der Tod des Tages,
Die
Berge sind der Tod der ältesten Vögel.
Jene
Witwen, die sich still beklagend zum Gebet waschen,
Sind
der Tod ihrer seligen Gatten.
Geliebt
werdet ihr hellblau, jeden Sommer,
Die
Ähre ist der Tod des Weizens.
Ihr
begreift nicht wie, ihr seht nicht: auf der Sonne
Ist
Dienstag der Tod von Montag.
Eisig
kalte, eisig dunkle
Einsamkeit
ist der Tod jener schönen Helle.
Leben,
Leben, dreißig Jahre, fünfzig Jahre, achtzig Jahre
Sind
deinetwegen der Tod der Liebe.
Fazil
Hüsnü Daglarc Übertragung: Yüksel Pazarkaya
Was
dann?
Wo
wird es bleiben,
Was
mit dem letzten Hauch entweicht?
Wie
Winde werden wir treiben -
Vielleicht!
Werden
wir reinigend wehen?
Und
kennen jedes Menschen Gesicht.
Und
jeder darf durch uns gehen,
Erkennt
aber uns nicht.
Wir
werden drohen und mahnen
Als
Sturm
,Und
lenken die Wetterfahne
Auf
jedem Turm.
Ach,
sehen wir die dann wieder,
Die
vor uns gestorben sind?
Wir,
dann ungreifbarer Wind?
Richten
wir auf und nieder
Die
andern, die nach uns leben?
Wie
weit wohl Gottes Gnade reicht.
Uns
alles zu vergeben?
Vielleicht?
Vielleicht!
Joachim
Ringelnatz
Tired
with all these, for restful death I cry,
As,
to behold desert a beggar born,
And
needy nothing trimm'd in jollity,
And
purest faith unhappily forsworn,
And
gilded honour shamefully misplaced,
And
maiden virtue rudely strumpeted,
And
right perfection wrongfully disgraced,
And
strength by limping sway disabled,
And
art made tongue-tied by authority,
And
folly, doctor-like, controlling skill,
And
simple truth miscall'd simplicity,
And
captive good attending captain ill:
Tired
with all these, from these would I be gone,
Save
that, to die, I leave my love alone.
William
Shakespeare
LXVI.
SONETT
Müde
von alle diesem wünsch' ich Tod:
Verdienst
zum Bettler sehn geboren werden,
Und
hohle Dürftigkeit in Grün und Rot,
Und
wie sich reinste Treu entfärbt auf Erden,
Und
goldnen Ehrenschmuck auf Knechteshaupt,
Und
jungfräuliche Tugend frech geschändet,
Und
Hoheit ihres Herrschertums beraubt,
Und
Kraft an lahmes Regiment verschwendet,
Und
Kunst im Zungenbande der Gewalt,
Und
Schulenunsinn, der Vernunft entgeistert,
Und
schlichte Wahrheit, die man Einfalt schalt,
Und
wie vom Bösen Gutes wird gemeistert:
Müde
von alle dem, wär Tod mir süß;
Nur,
daß ich sterbend den Geliebten ließ!
Menschliches
Elende
Was
sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen,
Ein
Ball des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit,
Ein
Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid,
Ein
bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen.
Dies
Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Scherzen.
Die
vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid
Und
in das Totenbuch der großen Sterblichkeit
Längst
eingeschrieben sind, sind uns aus Sinn und Herzen.
Gleich
wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt
Und
wie ein Strom verscheußt, den keine Macht aufhält,
So
muß auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden.
Was
itzund Atem holt, muß mit der Luft entfliehn,
Was
nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn.
Was
sag ich? Wir vergehn wie Rauch vor
starken Winden.
Andreas Gryphiu
Les sanglots longs
Des violons
De l'automne
Blessent mon coeur
D' une langueur
Monotone.
Tout suffocant
Et blême, quand
Sonne l‘ heure,
Je me souviens
Des jours anciens
Et je pleure;
Et je m'en vais
Au vent mauvais
Qui m' emporte
DeVà,
delà,
Pareil à la
Feuille morte.
Paul Verlaine
Herbstlied
Seufzer
gleiten
Die
saiten
Des
herbsts entlang
Treffen
mein herz
Mit
einem schmerz
Dumpf
und bang.
Beim
glockenschlag
Denk
ich zag
und
voll peinen
An
die zeit
Die
nun schon weit
Und
muss weinen.
Im
bösen winde
Geh
ich und finde
Keine statt...
Treibe fort
Bald
da bald dort –
Ein
welkes blatt.
Übertragung: Stefan George
wer
Gott ahnet, ist hoch zu halten,
Denn
er wird nie im Schlechten walten.
Der
Mensch erfährt, er sei auch, wer er mag,
Ein
letztes Glück und einen letzten Tag.
Nichts
vom Vergänglichen,
Wie's
auch geschah
Uns
zu verewigen
Sind
wir ja da.
Johann
Wolfgang von Goethe
Inschrift auf einem nicht abgeholten Grabstein
Wandrer,
wenn du vorbeikommst
Wisse:
Ich
war glücklich
Meine
Unternehmungen waren fruchtbar
Meine
Freunde treu
Meine
Gedanken angenehm
Was
ich tat, war besonnen
Am
Ende habe ich nicht widerrufen
Wegen
einer Kleinigkeit
Habe
ich nie mein Urteil geändert.
Da
ich noch nicht tot bin
Wage
ich nichts zu sagen als:
Mein
Leben war schwer, aber
Ich
klage nicht
Auch
habe ich etwas aufzuweisen
Was
mein Leben rentiert hat
Sorge
dich nicht um mich, ich selber
Verachte
die Unglücklichen
Aber
schon, als ich schrieb
Was
du hier liest
Gab
es nichts mehr, was mich noch treffen konnte.
Bertold
Brecht
Größers
wolltest auch du, aber die Liebe zwingt
All
uns nieder, das Leid beuget gewaltiger,
Doch
es kehret umsonst nicht
Unser
Bogen, woher er kommt.
Aufwärts
oder hinab! Herrschet in heilger Nacht,
Wo
die stumme Natur werdende Tage sinnt,
Herrscht
im schiefesten Orkus
Nicht
ein Grades, ein Recht noch auch?
Dies
erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich,
Habt
ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden,
Daß
ich wüßte, mit Vorsicht
Mich
des ebenen Pfads geführt.
Alles
prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
Daß
er, kräftig genährt, danken für Alles lern
Und
verstehe die Freiheit
Aufzubrechen,
wohin er will.
Friedrich
Hölderlin
As
fast as thou shalt wane, so fast thou grow'st
In
one of thine, from that which thou departest;
And
that fresh blood which youngly thou bestow'st
Thou
mayst call thine when thou from youth convertest.
Herein
lives wisdom, beauty and increase;
Without
this, folly, age and cold decay:
If
all were minded so, the times should cease
And
threescore year would make the world away.
Let
those whom Nature hath not made for store,
Harsh,
featureless and rude, barrenly perish:
Look,
whom she best endow'd she gave the more;
Which
bounteous gift thou shouldst in bounty cherish:
She
carved thee for her seal, and meant thereby
Thou
shouldst print more, not let that copy die.
William
Shakespeare
XI.
SONETTE
So
schnell du abblühst, sprossest du heran
Aus
dem, was dir entging, in deinen Zweigen,
Und
was du jugendlich an Blut vertan,
Das
nennst du, wenn die Jugend schwand, dein eigen.
Hierin
lebt Weisheit, Schönheit, Nachwuchs fort;
Sonst,
Torheit, Alter, eisiges Gerinnen.
Dächt'
alles so, die Zeit wär längst verdorrt,
In
sechzig Jahren diese Welt von hinnen.
Laß
sterben unfruchtbar, die anmutleer,
Rauh
von Natur und wüst nicht zur Vermehrung taugen;
Sieh
ihre Bestbegabten; dir ward mehr;
So
reiche Gabe sollst du reichlich brauchen!
Natur
schnitt ihren Stempel dich, und sprach:
Laß
ihn nicht untergehen, präg' ihn nach.Nachdichtung:
Ich
war einmal ein Kind. Genau wie ihr.
Ich
war ein Mann. Und jetzt bin ich ein Greis.
Die
Zeit verging. Ich bin noch immer hier
Und
möchte gern vergessen, was ich weiß.
Ich
war ein Kind. Ein Mann. Nun bin ich mürbe.
Wer
lange lebt, hat eines Tags genug.
Ich
hätte nichts dagegen, wenn ich stürbe.
Ich
bin so müde. Andre nennen's klug.
Ach,
ich sah manches Stück im Welttheater.
Ich
war einmal ein Kind, wie ihr es seid.
Ich
war einmal ein Mann. Ein Freund. Ein Vater.
Und
meistens war es schade um die Zeit...
Ich
könnte euch verschiedenes erzählen,
Was
nicht in euren Lesebüchern steht.
Geschichten,
welche im Geschichtsbuch fehlen,
Sind
immer die, um die sich alles dreht.
Wir
hatten Krieg. Wir sahen, wie er war.
Wir
litten Not und sah'n, wie sie entstand.
Die
großen Lügen wurden offenbar.
Ich
hab' ein paar der Lügner gut gekannt.
Ja,
ich sah manches Stück im Welttheater.
Ums
Eintrittsgeld tut's mir noch heute leid.
Ich
war ein Kind. Ein Mann. Ein Freund. Ein
Vater.
Und
meistens war es schade um die Zeit...
Wir
hofften. Doch die Hoffnung war vermessen.
Und
die Vernunft blieb wie ein Stern entfernt.
Die
nach uns kamen, hatten schnell vergessen.
Die
nach uns kamen, hatten nichts gelernt.
Sie
hatten Krieg. Sie sahen, wie er war.
Sie
litten Not und sah'n, wie sie entstand.
Die
großen Lügen wurden offenbar.
Die
großen Lügen werden nie erkannt.
Und
nun kommt ihr. Ich kann euch nichts vererben:
Macht,
was ihr wollt. Doch merkt euch dieses Wort:
Vernunft
muß sich ein jeder selbst erwerben,
Und
nur die Dummheit pflanzt sich gratis fort.
Die
Welt besteht aus Neid. Und Streit. Und Leid.
Und
meistens ist es schade um die Zeit.
Erich
Kästner
Immer
enger, leise, leise
Ziehen
sich die Lebenskreise,
Schwindet
hin, was prahlt und prunkt,
Schwindet
Hoffen, Hassen, Lieben,
Und
ist nichts in Sicht geblieben
Als
der letzte dunkle Punkt.
Theodor
Fontane
Was
unterscheidet
Götter
von Menschen?
Daß
viele Wellen
Vor
jenen wandeln,
Ein
ewiger Strom:
Uns
hebt die Welle,
Verschlingt
die Welle,
Und
wir versinken.
Ein
kleiner Ring
Begrenzt
unser Leben,
Und
viele Geschlechter
Reihen
sich dauernd
An ihres Daseins
Unendliche Kette.
Johann
Wolfgang Goethe
Mir
grauet vor mir selbst; mir zittern alle Glieder,
Wenn
ich die Lipp und Nas und beider Augen Kluft,
Die
blind vom Wachen sind, des Atems schwere Luft
Betracht
und die nun schon erstorbnen Augen-Lider.
Die
Zunge, schwarz vom Brand, fällt mit den Worten nieder
Und
lallt ich weiß nicht was; die müde Seele ruft
Dem
großen Tröster zu; das Fleisch ruft nach der Gruft;
Die
Ärzte lassen mich; die Schmerzen kommen wieder.
Mein
Körper ist nicht mehr als Adern, Fell und Bein.
Das
Sitzen ist mein Tod, das Liegen meine Pein.
Die
Schenkel haben selbst nun Träger wohl vonnöten.
Was
ist der hohe Ruhm, und Jugend, Ehr und Kunst?
Wenn
diese Stunde kommt, wird alles Rauch und Dunst,
Und
eine Not muß uns mit allem Vorsatz töten.
Andreas
Gryphius
Es
ließe sich alles versöhnen,
Wenn
keine Rechenkunst es will.
In
einer schönen,
Ganz
neuen und scheuen
Stunde
spricht ein Bereuen
So
mutig still.
Es
kann ein ergreifend Gedicht
Werden,
das kurze Leben,
Wenn
ein Vergehen
Aus
Frömmigkeit schlicht
Sein
Innerstes spricht.
Zwei
Liebende auseinandergerissen:
Gut
wollen und einfach sein!
Wenn
beide das wissen,
Kann
ihr Dach wieder sein Dach sein
Und
sein Kissen ihr Kissen.
Joachim Ringelnatz Herr
von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein
Birnbaum in seinem Garten stand,
Und
kam die goldene Herbsteszeit
Und
die Birnen leuchteten weit und breit,
Da
stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der
von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und
kam in Pantinen ein Junge daher,
So
rief er: ,,Junge, wiste ne Beer?"
Und
kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn,
Kumm
man röwer, ick hebb ne Birn."
So
ging es viel Jahre, bis lobesam
Der
von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er
fühlte sein Ende, 's war Herbsteszeit,
Wieder
lachten die Birnen weit und breit;
Da
sagte von Ribbeck: ,,Ich scheide nun ab.
Legt
mir eine Birne mit ins Grab!”
Und
drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen
von Ribbeck sie hinaus.
Alle
Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Saugen
,,Jesus meine Zuversicht!"
Und
die Kinder klagten, das Herze schwer:
,,He
is dod nu. Wer giwt uns nu ne Beer?"
So
klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach,
sie kannten den alten Ribbeck schlecht!
Der
neue freilich, der knausert und spart,
Hält
Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber
der alte, vorahnend schon
Und
voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
Der
wußte genau, was damals er tat,
Als
um eine Birn ins Grab er bat;
Und
im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein
Birnbaumsprößling sprößt' heraus.
Und
die Jahre gehen wohl auf und ab,
Langst
wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und
in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's
wieder weit und breit,
Und
kommt ein Jung übern Kirchhof her,
So
flüstert's im Baume: ,,Wiste ne Beer?''
Und
kommt ein Mädel, so flüstert's: ,,Lütt Dirn,
Kumm
man röwer, ick gew di ne Birn!''
So
spendet Segen noch immer die Hand
Des
von Ribbeck auf Ribbeck in' Havelland.
Theodor Fontane
De l'élection de son sepulchre
Antres, & vous fontaines
De ces roches hautaines
Qui tombez contre-bas
D'vn glissant pas:
Et vous forests & ondes
Par ces prez vagabondes,
Et vous riues & bois
Oyez ma vois.
Quand le ciel & mon heure
Iugeront que ie meure,
Rauy du beau seiour
Du commun iour,
Je defens qu'on ne rompe
Le marbre pour la pompe
De vouloir mon tombeau
Bastir plus beau:
Mais bien ie veux qu'vn arbre
M'ombrage en lieu d'vn marbre,
Arbre qui soit couuert
Tousiours de vert.
Pierre de Ronsard
wie ich mir mein
Grab wünsche
Ihr Grotten, Quellen ihr,
Die
aus dem Felsrevier
Hinstürzet
unverwandt,
Ein
gleitend Band,
Ihr
Wälder, Bachgerinn
Durch
grüne Wiesen hin,
Ihr Ufer, Haine dort,
Vernehmt
mein Wort.
Will
es die Schicksalsstund,
Daß
ich nun geh zugrund,
Und
wird genommen mir
Was
schön war hier,
Soll
nimmermehr es sein,
Daß
man aus Marmorstein
Voll
übertriebner Pracht
Ein
Grab nur macht.
Ein
Baum soll mich allein
Beschatten
statt dem Stein,
Mit
seiner Blätter Kleid,
Grün
alle Zeit.
Übertragung:
Max Rieple
Empfangen
und genähret
Vom
Weibe wunderbar,
Kömmt
er und sieht und höret
Und
nimmt des Trugs nicht wahr;
Gelüstet
und begehret
Und
bringt sein Tränlein dar;
Verachtet
und verehret,
Hat
Freude und Gefahr;
Glaubt,
zweifelt, wähnt und lehret,
Hält
nichts und alles wahr;
Erbauet
und zerstöret
Und
quält sich immerdar;
Schläft,
wachet, wäscht und zehret;
Trägt
braun und graues Haar.
Und
alles dieses währet,
Wenns
hoch kommt achtzig Jahr.
Denn
legt er sich zu seinen Vätern nieder,
Und
er kömmt nimmer wieder.
Matthias Claudius
Mit
gelben Birnen hänget
Und
voll mit wilden Rosen
Das
Land in den See,
Ihr
holden Schwäne,
Und
trunken von Küssen
Tunkt
ihr das Haupt
Ins
heilignüchterne Wasser.
Weh
mir, wo nehm ich, wenn
Es
Winter ist, die Blumen, und wo
Den
Sonnenschein
Und
Schatten der Erde?
Die
Mauern stehn
Sprachlos
und kalt, im Winde
Klirren
die Fahnen.
Friedrich
Hölderlin
Le
cimetière marin
Paul Valéry Anne Paul Valéry Les
pas La
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